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Pferde können Angst oder Glücksgefühl von Menschen riechen

Pferde können Angst oder Glücksgefühl von Menschen riechen

Riechen, Geruch

Pferde können Angst und Glück riechen, ohne dass der Mensch selbst anwesend ist

Suchhunde und Sprengstoff erschnüffelnde Hunde kennt jeder. Begleithunde werden ausgebildet, den Besitzer zu warnen, wenn der Zuckerspiegel im Blut zu hochsteigt oder zu weit absinkt. Dass Pferde ähnlich Hunden die Gerüche unserer Reaktionen „lesen“ können, haben wir nicht auf dem Schirm.

Endlich gibt es eine neue Studie, die wissenschaftliche Daten dafür vorlegt. Ein kleiner Schritt, kognitive Fähigkeiten besser zu verstehen. Die Studie zeigt klar, dass Pferde allein auf menschlichen Angst- oder Glücksgeruch unterschiedlich reagieren. Und das, ohne dass der Mensch selbst anwesend ist!

Ist das Riechen von Emotionen für Pferde von Bedeutung?

Pferde werden nervös oder gar ängstlich, wenn der Mensch neben ihnen Angst empfindet. Im Alltag hat das Pferd allerdings viele Möglichkeiten, die Emotionen des Menschen zu „lesen“. Das Pferd kann die eher ruckartigen, hektischen Bewegungen des Menschen sehen (Körpersprache), oder scharfes Einatmen hören. Oder den veränderten Herzschlag und den flachen, schnelleren Atem wahrnehmen. Wahrscheinlich nimmt das Pferd alles gleichzeitig wahr.

Aber ist für Pferde auch unser Geruch allein aussagekräftig? Immerhin ist der Geruchssinn einer der ältesten Sinne überhaupt. Lange bevor Lebewesen sehen und hören konnten, übermittelten sie Botschaften mittels chemischer Signale.

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Versuchsablauf

In dieser Studie sammelten Wissenschaftler „Geruchsproben“ von Teilnehmern nach einem strikten Protokoll. Diese Geruchsproben wurden Pferden zum Beschnuppern angeboten, ohne dass der Mensch, von dem die Probe stammte, anwesend war. Damit konnten die Wissenschaftler alternative Erklärungen für die Verhaltensweisen der Pferde wie Körpersprache oder Herzschlag ausschließen.

Die teilnehmenden Menschen und Pferde

Die Tests wurden im Februar 2019 im Pferderennstall Partynice in Wrocław, Polen, mit 6 Hengsten, 5 Wallachen und 10 Stuten durchgeführt. Von den insgesamt 21 Pferden waren 17 Vollblüter und 4 Araberpferde, 2 bis 9 Jahre alt.

Für die Sammlung der Geruchsproben wurden 7 Männer & 3 Frauen im Alter von 19 bis 29 Jahren gebeten, dem Protokoll Teil 1 und Teil 2 zu folgen.

Das Protokoll Teil 1: 2 Tage vor Geruchsprobensammlung

7 Männer & 3 Frauen im Alter von 19 – 29 Jahren wurden gebeten,

  1. a) keine geruchsintensiven Nahrungsmittel (z. B. Knoblauch) zu essen,
  2. b) weder Alkohol zu trinken, noch zu rauchen;
  3. c) und kein intensives Training zu absolvieren.
  4. d) Alle Personen erhielten parfümfreie, geruchsneutrale Pflegeprodukte (Seife, Creme, etc.).

Protokoll Teil 2: am 3. Tag wurden Geruchsproben sammeln

  1. a) Zuerst mussten sich alle Personen mit parfümfreier Seife waschen. Jeder Teilnehmer erhielt ein steriles Kosmetikpad aus 100 % Baumwolle. Dieses wurde unter die gewaschenen („geruchsneutralen“) Achseln geben. Zum Anziehen erhielten alle Teilnehmer:innen ein neues, geruchsneutrales T-Shirt.
  2. b) Dann wurde das augenblickliche Angstniveau der Teilnehmer:innen bestimmt mittels eines sog. „Testangstinventar“ (Spielberger State-Trait Anxiety Inventory (STAI) (Spielberger, 1983) ausfüllten. Dieses „Testangstinventar“ besteht aus 40 Fragen, welche die Teilnehmer beantworten.
  3. c) Jetzt schauten die Personen ein ca. 20-minütiges Horror-Video an.
  4. d) Und anschließend beantworteten die Teilnehmer die Fragen des Testangstinventars nochmals. So sollte das neue Angstniveau bestimmt werden.
  5. e) Zu guter Letzt sammelten die Wissenschaftler die Kosmetikpads ein und lagerten sie in luftdicht verschlossenen Plastiktüten bei -20 °C.

Das Protokoll dieser 3 Tage, wie oben beschrieben, wurde nach 2 Wochen wiederholt. Mit nur einer Änderung: Die Teilnehmer sahen ein 20-minütigen „Glücklich“-Video, bestehend aus zwei kurze Zeichentrickfilme. Damit hatten die Wissenschaftler von jeder Person zwei Pads, eines mit „Angstgeruch“ und eines mit „Glücksgeruch“.

Protokoll Teil 3: Verhaltenstest der Pferde

Die Pferde bekamen in 3 aufeinanderfolgenden Wochen jeweils ein Pad zum Beschnüffeln. In einer Woche ein „Horror-Pad“, nächste Woche ein „Glückspads“, und eine Woche später – zur Kontrolle – an unbenutzten Pads. Mit einer Digitalkamera wurde das Verhalten gefilmt und dann ausgewertet.

Für den Test stand das Pferd in seiner, ihm/ihr vertrauten Box. Es bekam 2 Minuten Zeit, sich frei zu bewegen, sich mit der Situation und mit den beiden Personen in seiner Box „vertraut“ zu machen. Die eine Person in der Box war ein Jockey bzw. eine Person, mit der alle Pferde vertraut waren. Die andere Person war eine Forschungsassistentin, die mit den Pferden nicht vertraut war. Beide Personen in der Box ignorieren das Pferd; d. h. weder sprachen noch berührten sie das Pferd noch, bewegten sie sich in der Box.

Und essenziell, keine der beiden in der Box anwesenden Personen wusste, welcher Geruch dem Pferd gerade vor die Nüstern gehalten wurde!

Nach den 2 Minuten zur Eingewöhnung wurde eine Stange in die Box geführt, an der ein Gitterkästchen mit den Pads hing. Das Pferd hatte wiederum 2 Minuten Zeit, die Pads zu beschnüffeln.

Datenauswertung

Von den Aufnahmen wurden alle Verhaltensweisen der Pferde notiert, die auf die Pads und die Menschen in der Box gerichtet waren. Also z.B. Annäherung, Beschnüffeln und Anstarren.

Zudem notierten die Wissenschaftler Signale, die bekannterweise mit Emotionen des Pferdes zusammenhängen. Z.B. Aufstellen der Ohren als Zeichen für Neugierde und Interesse oder das Anlegen der Ohren bei Ärger oder Angst. Aufgerissene oder entspannte Augen, Kauen, Schlecken, usw.

Für die Auswertung wurden dann z.B. die Häufigkeit und die Dauer einer Verhaltensweise des Pferdes ausgewertet und in den drei Situationen Angstpads, Glückspads und unbenutzte Pads verglichen. 

Ergebnisse

Die spannendsten und klarsten Verhaltensweisen waren „Kopf hochnehmen“, „vertraute Person berühren“ und „Dauer Ohren anlegen“:

1. Wurden den Pferden Glückpads präsentiert, nahmen sie den Kopf selten hoch; und wenn das ein Pferd tat, dann nur kurz. Wurden hingegen Angstpads oder geruchsneutrale Pads angeboten, nahmen die Pferde viel häufiger und länger den Kopf hoch.

2. Bei Angstpads brachten die Pferde nicht nur den Kopf in „Hab-Acht-Stellung“, sondern gingen viel häufiger zur Vertrauensperson hin und blieben in dessen Nähe, als wenn sie Glückspads oder unbenutzten Pads beschnüffelten.

3. Interessanterweise, wenn die Pferde die Ohren anlegten, dann am längsten bei den unbenutzten Pads.

Was hilft uns das für unseren Alltag mit Pferden?

Die Studie liefert erste, standardisierte und kontrollierte Daten für die Fähigkeit von Pferden, rein durch Geruch menschliche Emotionen zu erkennen. Es braucht also weder Bewegung noch Herzschlag noch Stimme einer Person, damit das Pferd erkennen kann, ob der Mensch neben ihm gestresst oder glücklich ist.

Überraschen wird dieses Ergebnis keinen Pferdefreund. Hand aufs Herz: Wer hätte gesagt, der pferdische Geruchssinn sei nicht fein genug? Spannend für mich ist daher vielmehr die Frage: Warum ignorieren wir Menschen unseren Geruch, wenn es um Pferdereaktionen geht?

Immer mehr Trainer und Pferdeprofis lehren, wie wichtig es ist, den Verstand und die Seele zur Ruhe zu bringen, während wir mit unseren Pferden zusammen sind. Zu den bekanntesten Namen gehören sicherlich Warwick Schiller, Mark Rashid, Karen Rolf . Mark Rashid und Equine Body Worker Jim Master haben ihren Film über eine gemeinsame Clinic entsprechend benannt: „A mind like still water

Harmonie beginnt aber nicht erst in dem Moment, wenn wir unser Pferd sehen. Sind wir in der Zeit bis kurz vor dem Zusammentreffen mit unseren Pferden gestresst oder verärgert – und sei es nur in Gedanken – hängt genau dieser Geruch frisch in unserer Kleidung. Und unsere Pferde riechen als ersten Eindruck: Mein Mensch ist gestresst oder ärgerlich. Das gilt erst einmal auch, wenn er/sie ein frohes Gesicht aufsetzt.

Für Pferde nichts Neues. Wir Menschen neigen dazu, Meister von Widersprüchen und Ungereimtheiten und zu sein. Mit dem Körper fordern wir das eine, mit Gesten etwas anderes und mit dem „Wasserfall Stimme“ oft noch etwas drittes vom Pferd. Derweil könnten wir hier schon einen ersten Schritt zu mehr Konsistenz und Klarheit machen: Reitkleidung anziehen, sich auf den Weg zum Pferd machen und JETZT die Gedanken auf das Schöne richten. Statt zu grübeln und uns zu stressen, den Verstand beruhigen. Dann riechen wir auch schon nach Unternehmungslust und Vorfreude auf das Wiedersehen mit unserem Pferd, wenn wir ihm begegnen. Gleichzeitig sind unsere Gedanken zur Ruhe gekommen und bei unserem Pferd.

Für die Biologin ist natürlich auch spannend, dass sowohl Raubtier (Hund) wie Fluchttier (Pferd) menschlichen Angst- und Glücksgeruch unterscheiden und darauf reagieren, und zwar unabhängig von anderen Eindrücken wie Sehen, Hören oder Fühlen. Die Tatsache, dass das älteste sensorische System bei beiden Spezies übereinstimmt, könnte darauf hindeuten, dass die biochemische Signatur von Geruchsstoffen ein relativ unveränderlicher Informationsträger geblieben ist. Zwar unterliegt der kontextabhängigen Schwankungen, ist dennoch ein wichtiges Medium für die Kommunikation zwischen verschiedenen Arten.

 

Originalartikel

Sabiniewicz A, Tarnowska K, Swia ̨tek R, Sorokowski P, Laska M (2020). Olfactory-based interspecific recognition of human emotions: horses (Equus ferus caballus) can recognize fear and happiness body odour from humans (Homo sapiens). Applied Animal Behaviour Science Vol 2030. doi: https://doi.org/10.1016/j.applanim.2020.105072

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S016815912030160X

Bewegungsamnesie

Bewegungsamnesie

Das Verlernen des vollen Bewegungsumfangs

Jeder kennt den Begriff Amnesie: Gedächtnisverlust. Aber Bewegungsamnesie – kann ein Pferd wirklich „vergessen“, wie man eine Bewegung ausführt? Wie weit man den Hals zur Seite oder den Fuß – Huf – nach vorne bewegen kann?

Können Muskeln vergessen?

Jede einzelne Muskelzelle kann sich an früheres Wachstum „erinnern“ und sich folglich nach Bewegungspausen entsprechend wieder aufbauen (1), Bewegungsabläufe und Range of Motion (ROM) können Muskeln sich nicht merken – folglich diese auch nicht vergessen. Bewegungsabläufe und ROM sind im Gehirn gespeichert. Werden diese Gedächtnisinhalte lange nicht genutzt – eventuell aufgrund von Verletzung oder aufgrund von Schmerz und Anspannung mit kompensierenden Bewegungen  – kann das Gehirn Inhalte als irrelevant „vergessen“ oder mit neuen, gegebenenfalls falschen Inhalten füllen.

Wie entsteht Bewegung?

Jede gewollte Bewegung beginnt in der Gehirnrinde. Die „Vorstellung“ einer Bewegung wird kombiniert mit Informationen über den Ist-Zustand des Körpers und verglichen mit dem Soll-Zustand, angereichert mit Informationen über das Wie des Bewegungsablaufs. Wenn alle Informationen zusammengetragen und verarbeitet sind, werden über Hirnstamm und Rückenmark Nervenimpulse zu den verschiedenen Muskelgruppen für die reale Ausführung gesendet. In jedem Moment der Bewegungsausführung werden Informationen zur Stellung und Position der Beine, des Kopfes, Stellung der Gelenke, und Lage des Rumpfes, Anspannung der Muskeln, und Druck der Muskeln auf das umliegende Gewebe zurück ans Gehirn gesendet.

Wie entsteht eine Bewegungsamnesie?

Eine häufige Ursache für die Entstehung von Bewegungsamnesie, oder auch Sensomotorische Amnesie genannt, ist der natürliche Reflex bei Schmerzen und Verletzungen eine Schonhaltung einzunehmen. Durch das dauerhafte Anspannen des schmerzenden Muskels verblasst die Gedächtnisspur im Gehirn für den normalen Ist-Wert des Muskels im entspannten Zustand. Das Gehirn „vergisst“ also, wie es den Muskel entspannen kann, weil es jetzt den angespannten Zustand als Normalzustand abspeichert.

Gleiches gilt für Bewegungs- und Verhaltensmuster, die zur Schmerzreduktion/-vermeidung über längere Zeit aufrechterhalten werden: Das Gehirn speichert die neuen, schmerzbedingt veränderten Bewegungsmuster ab und ersetzt damit die ursprünglichen, natürlichen Bewegungsmusters.

Wie überwindet man Bewegungsamnesie?

Der Tierarzt gibt grünes Licht: Alles verheilt und gesund. Physiotherapeuten, Ostheopathen und andere Experten haben Gelenke gelockert, Energien zum Fließen gebracht – und doch treten schon nach kurzer Zeit die alten Probleme auf.

Der Grund ist einfach: Es wird direkt am Muskel gearbeitet. Wie oben beschrieben, ist aber der Muskel nicht selbst für seinen Spannungs- bzw. Entspannungszustand verantwortlich. Für den Moment ist der Muskel selber gelockert, aber das Gehirn hat immer noch den falschen, schmerzbedingten Ist-Wert abgespeichert und wird den Muskel alsbald wieder in den angespannten Zustand zurückführen.

Darum ist bei einer Bewegungsamnesie begleitend zur manuellen und energetischen Therapie auch ein aktiver und begleitender Lernprozess nötigt (siehe Psychosomatik). Dabei werden alte Gedächtnisspuren reaktiviert und gestärkt, das Pferd spürt einen größeren Range of Motion und es gewinnt die aktive Kontrolle über seine Muskulatur zurück und einen größeren Bewegungsspielraum zurück.

Fazit

Wenn also Ihr Pferd Bewegungseinschränkungen zeigt, und keine Diagnose oder Therapie hilft, fragen Sie einen Therapeuten, der/die Erfahrung in der Behandlung von Bewegungsamnesie hat. Ihr Pferd ist weder störrisch noch dumm noch hoffnungslos krank – das Gehirn muss nur wieder die ursprünglichen Soll-Werte für seinen natürlichen Bewegungsspielraum und zur Muskelentspannung lernen und abspeichern. Dazu ist es nötig, mit dem Pferd zusammenzuarbeiten: Es muss seine Aufmerksamkeit auf spezielle Bereiche seines Körpers richten, und mithilfe von sensomotorischem Feedback bei langsamen, angeleiteten Bewegungen selbst die Anspannung in den Muskeln lösen und alle feinen Abstufungen einer Bewegung ausführen.

Literatur

Seaborne et al. 2018. Human Skeletal Muscle Possesses an Epigenetic Memory of Hypertrophy, Scientific Report 8:1898 8 | DOI:10.1038/s41598-018-20287-3

Schmidt et al. 2019. Neuroanatomy of the equine brain as revealed by high-field (3Tesla) magnetic- resonance-imaging. PLoS ONE 14(4): e0213814 | https://doi.org/10.1371/journal.pone.0213814

Siehe auch Equine Hanna Somatics®

Blutegeltherapie

Blutegeltherapie

Cranio Sacrale System im Flow

Was ist die Blutegeltherapie?

Die Blutegeltherapie ist ein spezielles Ausleitungsverfahren mithilfe von Blutegeln. Entscheidend für die therapeutische Bedeutung ist die einzigartige Wirkung des Blutegel-Speichelsekrets. Der Blutegelspeichel ist quasi einen kleine, lebende Apotheke mit einem einzigartigen Mix an verschiedenen Wirkstoffen, die als Einzelwirkstoffe in Medikamenten regelmäßig eingesetzt werden. Der Speichel des medizinischen Blutegel enthält vermutlich 100 bioaktive Wirkstoffe, von denen Wissenschaftler bisher gerade einmal ca. 25 bestimmen haben.

Bereits vor 3000 Jahren wurde im alten Ägypten der medizinische Blutegel eingesetzt. Heute erlebt die Blutegeltherapie eine regelrechte Wiedergeburt und wird inzwischen als ergänzende Behandlungsmethode in der Humanmedizin und Veterinärmedizin eingesetzt.

 

Bei welchen Krankheiten kann eine Blutegeltherapie für Pferde hilfreich sein?

U.a. regt der Blutegelspeichel den Lymphstrom wie auch den venöse Abfluss an. Dabei wird zugleich eine sofortige Schmerzlinderung/-stillung erreicht. Sinnvoll kann eine Blutegeltherapie sein im Falle von:

  • allg. bei Entzündungen (Arthrose, Spat, Schale, Kissing Spines und Hufrollenproblemen, Arthritis
  • Erkrankungen der unteren Extremitäten (z.B. Hufrehe)
  • Erkrankungen/Verletzungen des Bänder- und Sehnenapparates
  • Muskelproblemen (z.B. Muskelschmerzen, Muskelverhärtungen)
  • Abszessen
  • Prellungen
  • Gelenkgallen
  • u.a.m.

 

Was ist vor einer Blutegelbehandlung zu beachten?

Blutegel sind echte Sensibelchen. Sie reagieren empfindlich auf verschiedene Düfte & Gerüche, auf Temperatur, Stresslevel des Pferdes, Wetter, usw.

Daher ist es wichtig, dass der Patient entspannt in einem ruhigen Bereich steht, ggf. liebevoll abgelenkt wird.  Mindestens 3 Tage vorher sollte folgende Dinge abgesetzt und nicht mehr verwendet werden:

  • Medikamente (in Absprache mit dem Tierarzt!)
  • Knoblauch
  • Ingwer
  • Shampoo
  • Salben
  • Desinfektionsmittel
  • Insektenschutz

 

Was spricht gegen eine Blutegeltherapie?

Die Blutegeltherapie darf NICHT angewendet, werden wenn das Pferd

  • blutverdünnende Medikamente bekommt
  • an Anämie leidet
  • einen labilen Allgemeinzustand hat, oder
  • für den Schlachtbetrieb bestimmt ist.

 

Das Seminar zur Blutegeltherapie habe ich am Tier-Therapie-Zentrum gemacht. Wissen zur Biologie und Medizin des Blutegels stammen aus meiner Zeit in der Grundlagenforschung und neueren wissenschaftlichen Publikationen.

BioTensegrity, Neuro-Myofasziale Tiefenmassage und Bewegungstraining

BioTensegrity, Neuro-Myofasziale Tiefenmassage und Bewegungstraining

Myofaszial

Biotensegrity –

eine neue Bewegungsidee

Wer den Pferdekörper als BioTensegrity-Struktur begreift, versteht das neuro-myofasziale Gewebe (Faszien, Muskeln, Nervennetz) als einen den ganzen Körper und alle Körperbereiche durchziehenden „Ozean“, der dem Pferdekörper Form gibt, Zug und Lasten in der Bewegung über den ganzen Körper verteilt und ein Ganzkörper-Kommunikationssystem bereitstellt.

 

BioTensegrity

Ist ein Kunstwort: „Tensegrity“ ist zusammengesetzt aus dem englischen „tension“ (= Zugspannung) und „integrity“ (= Ganzheit, Vollständigkeit, Unversehrtheit, Zusammenhalt). Auf biologische System angewendet, nannte der amerikanische Orthopäde Dr. Stephen M. Levin dieses Denkmodell BioTensegrity (Biotensegrität).

Im BioTensegrity Modell sind Körper sich selbst organisierenden, hierarchische, Last verteilende und wenig Energie verbrauchenden Strukturen. Es gibt keine Hebel, Scheren oder Biegemomente, wie in der klassischen Biomechanik, die auf einzelne Strukturen wirken, oder entlang von Muskelketten.

Stattdessen gibt es nur Spannung und Kompression. Mit den Worten von Thomas Myers (2004): „Tatsächlich ordnen sich genau genommen alle miteinander verbundenen strukturellen Elemente eines Tensegrity-Modells als Antwort auf einen lokalen Stressor neu an. Wenn die Belastung zunimmt, ordnen sich mehr und mehr Elemente in der Richtung der Zugkraft an, so dass es zu einer linearen Versteifung des Materials kommt. Anders ausgedrückt: Tensegrity-Strukturen sind elastisch und werden umso stabiler, je mehr sie belastet werden.“ 

Das bedeutet zugleich auch: Strukturen, die scheinbar nicht direkt – z.B. durch Muskelketten – miteinander verbunden sind, stehen dennoch über Faszien in direktem Informationsaustausch!

Faszien

Der Begriff Faszie ist abgeleitet von dem lateinischen Wort „fascia“, das laut Pons „Binde, Band, Bandag“ (2022) bedeutet.

Das internationale Fascia Nomenclature Committee (FNC) schlägt vor, Faszien und Fasziensystem folgendermaßen zu definieren:

Die Faszie ist (abgeleitet von dem lateinischen Wort „fascia“) eine Hülle, ein Blatt oder eine andere zerlegbare Ansammlung von Bindegewebe, die sich unter der Haut bildet, um Muskeln und andere innere Organe zu befestigen, zu umschließen und zu trennen.

Das Fasziensystem besteht aus dem dreidimensionalen Kontinuum von weichem, kollagenhaltigem, lockerem und dichtem faserigem Bindegewebe, das den GANZEN Körper durchdringt. Es umfasst Elemente wie das Fettgewebe, Adventitiae und neurovaskuläre Umhüllungen, Aponeurosen, tiefe und oberflächliche Faszien, Epineurium, Gelenkkapseln, Bänder, Membranen, Hirnhäute, myofasziale Ausdehnungen, Perioste, Retinacula, Septen, Sehnen, viszerale Faszien, und alle intramuskulären und intermuskulären Bindegewebe einschließlich Endo-/Peri-/Epimysium.

Das Fasziensystem durchdringt und umgibt alle Organe, Muskeln, Knochen und Nervenfasern und verleiht dem Körper eine funktionelle Struktur und eine Umgebung, die es allen Körpersystemen ermöglicht, auf integrierte Weise integrieren. 

Das Fasziensystem ist eine dynamische, reaktives und neuro-mechanosensible Struktur. In Bewegung können Faszien die örtlich entstehenden, kinetischen Energien speichern (Katapultefekt) und wieder abgeben; sie sorgen für die Kraftübertragung von Muskeln und Muskelketten, dienen Muskeln als Verschiebeschicht, und anderes mehr. Faszien und eine funktionierende Muskel-Faszien-Arbeitsteilung erlaubt es einem Pferd, sich geschmeidig, federnd und fast geräuschlos zu bewegen.

Therapeutische Hilfe, die sich von BioTensegrity inspirieren und informieren läßt, arbeitet daher 

  1. Im Stand: lösen Verklebungen in Faszien, lockern Muskeln und erhöhen die Bewegungsfreiheit der Gelenke
  2. Und in der Bewegung: dem Pferd die ursprüngliche Bewegungsidee zurückgeben, und damit Balance, Stabilität, und Mobilität.

 

Bewegungstraining: BioTensegrity Myofasziale Integrität

Was bedeutet „dem Pferd die ursprüngliche Bewegungsidee“ zurückgeben?

  1. Das Pferd nutzt stabilisierende Muskulatur (z. B. den M. serratus), um den Rumpf zu stabilisieren und anzuheben. Dadurch ist die Bewegungsmuskulatur frei für Mobilität und Flexibilität.
  2. Dann kann das Pferd statt in Extension sich in Flexion bewegen, dadurch werden die Bewegungen fließend und harmonisch, der Rücken kann schwingen, Versammlung in Balance ist möglich, und mehr.

Das Pferd kann sich ökonomisch und frei in seinen Gelenken, mit seinen Muskeln und Sehnen, mit geringem Energieverbrauch bewegen, flektieren und rotieren, wenn das Fasziennetz straff und belastbar, dabei maximal elastisch ist.

Zum Aufbau und Erhalt sind regelmäßig und vielseitige, ggf. in einer Bewegungstherapie gezielt gesetzte Belastungsreize nötig. Und das regelmäßig!

Ergebnis

Fühlt sich das Pferd in seinem Körper wohl, ist es schmerzfrei und spürt es, dass es Kontrolle über seinen Körper und seine Balance hat, kann das Pferd psychisch seinen Dauer-Fluchtmodus loslassen. Es kann geistig entspannt und sich auf Neues einlassen: Lebensfreude, Freude an Bewegung – und an der Zusammenarbeit mit seinem Menschen.

 

Weiterführende Literatur und Webseiten:

http://biotensegrityarchive.org/

„Ziel ist die Leichtigkeit, nicht das Verhindern von Explosionen“

(Monica Theodorescu)